Was ist Mentalfutter?
Fast jeden Tag machst du dich auf den Weg in die Arbeit. Oder auf zur Universität oder auch in die Schule. (Zurzeit vielleicht nicht jeden Tag, zwecks Home-Office und Schooling, aber ansonsten betrifft es eigentlich jeden von uns). Und auch wenn nichts davon auf dich zutrifft, muss jeder von uns irgendwann einmal von A nach B gelangen. Schon von klein auf werden uns hier einige Gewohnheiten vorgelebt: Die einen hatten Eltern, die einen immer total gestresst mit dem Auto vor der Schule hinaus gelassen haben und beim fahren geschimpft haben, weil der Idiot vor ihnen so langsam war. Und dann nimmt einem auch noch jemand den Vorrang. Die anderen hatten Leute im Bus die fluchen, weil direkt vor dem Bus die Müllabfuhr den Müll entsorgen musste. Oder man war zu Fuß unterwegs und deine Begleitperson ärgerte sich fürchterlich, weil man fast von einem Radfahrer umgefahren wurde. Ich glaube bei kaum einem Thema gehen die Meinungen so weit auseinander, wie bei Thema Straßenverkehr. Anhand von diesem Beitrag möchte ich dir zeigen, wie Mentalfutter funktioniert.
Warum sollte man etwas an der Einstellung im Straßenverkehr ändern?
Der Weg zur Arbeit/Schule/Universität ist dabei vermutlich auch bei dir bis heute mit Stress und Fluchen verbunden. Es ist auch fast schon ein bisschen uncool, wenn man als Verkehrsteilnehmer nich das ein oder andere mal flucht. Was dabei viele vergessen: niemand ist unfehlbar und gerade im Straßenverkehr passieren Fehler. Das verursacht bei vielen Leuten unnötigen Stress, der einen langen Schwanz an negativen Folgen nach sich zieht: Kommt man gestresst in den ersten Termin, fühlt sich auch das Gegenüber bereits nicht mehr wohl. Der Termin verläuft nicht wie geplant und man ist noch schlechter drauf – und so geht das dann immer weiter.
Wie man aber dank Mentalfutter rausfinden wird, liegt das nicht am Weg zur Arbeit und wieder nach Hause, sondern vor allem der persönlichen Einstellung.
Ich möchte an dieser Stelle festhalten: Wenn jeder ein bisschen gelassener im Straßenverkehr wäre, wäre die ganze Welt jeden Tag um einen großen Brocken besser drauf 😉
Das Madeira-Feeling
Ich persönlich stellte in meinem Sommerurlaub auf Madeira 2019 fest: Ich möchte nicht mehr frustriert in der Arbeit ankommen, nur weil ich mich auf dem Weg dorthin ärgern musste. Bis dahin habe ich mich so gut wie jeden Tag über andere Verkehrsteilnehmer geärgert. Die Autofahrer auf der Insel Madeira waren so dermaßen gechillt, dass ich für mich die Entscheidung getroffen habe: Genau das möchte ich mit nach Hause nehmen! (Ich habe darüber bereits einmal in diesem Beitrag geschrieben: Stay cool…) Denn, wenn ich mich nicht gleich in der Früh über die anderen ärgern muss, beginnt der Tag gleich völlig anders.
Was haben die Autofahrer auf Madeira getan? Freiwilliges gewähren von Vorrang gegenüber anderen Verkehrsteilnehmern die keinen Vorrang hätten, Stehenbleiben für Fußgänger wo kein Zebrastreifen ist und ein gemütliches Hinterhertuckern hinter Radfahrern, während man die herrliche Luft vom Meer beim Autofenster hereinlässt. Kannst du dir das vorstellen?
Aber wie bekommt man das ohne Meerluft dann auch zu Hause im Alltag so hin, wenn 90 % der anderen Teilnehmer im Verkehr einfach nicht mitmachen wollen?
Damit das klappt, zeige ich euch, wie ich mit „Mentalfutter“ an die Sache herangehe. Der erste Eintrag in meinem Mentalfutter-Buch könnte für dieses Thema lauten:
Mein Problem
Beim Weg in die Arbeit lasse ich mich leicht aus der Ruhe bringen. (Damals war ich zu 80 Prozent mit dem Fahrrad, zu 15 Prozent mit den Öffis und zu 5 Prozent mit dem Auto unterwegs.) Dann komme ich gestresst an und starte schon falsch in den Tag. Manchmal zieht sich diese Spirale dann durch den gesamten Tag hindurch und ich komme Abends beim heimfahren noch einmal gestresster nach Hause, weil ich dann wieder im Straßenverkehr bin.
Was möchte ich?
Ich möchte mehr Gelassenheit auf dem Weg in die Arbeit, damit ich ruhiger in meinen Tag starten kann.
Woran liegt es?
Es liegt daran, dass mir der andere heute die Vorfahrt genommen hat. Und weil das so war, habe ich die Ampelphase nicht mehr erwischt. Und weil das wiederum so war, habe ich dann die darauffolgende Ampelphase auch nicht erwischt und bin um sieben Minuten zu spät in der Arbeit angekommen.
So, und nun beginnt aber erst die eigentliche mentalfutter-Arbeit. Ich stelle mir zwei Fragen:
Woran liegt es WIRKLICH?
In diesem Fall also: Woran liegt es wirklich, dass ich mich so geärgert habe? Ich bin schon gestresst ins Auto oder auf das Fahrrad gestiegen, weil ich mal wieder acht Mal hintereinander noch geschlummert habe. Dann habe ich beim Kaffee trinken getrödelt und konnte mich für kein Outfit entscheiden. Da ich mich leicht aus der Ruhe bringen lasse, war ich dann total gestresst, damit ich noch pünktlich in der Arbeit ankomme.
Was kann ICH tun, damit es besser wird?
Das könnte ich doch zum Anlass nehmen und ab sofort wirklich früher aufstehen (was tatsächlich geht, wenn man es einfach tut und nicht immer sagt, dass man es nicht kann). Ich kann dann in Ruhe meinen Kaffee trinken und muss es nicht einmal als trödeln bezeichnen. Ich kann mir am Vorabend ein Outfit herrichten, wenn es mir schwer fällt mich morgens zu entscheiden. Und ich kann vor dem Wegfahren durchatmen und mich daran erinnern, dass ich mich nicht aus der Ruhe bringen lassen werde. Und selbst wenn ich zu spät in die Arbeit komme, ist niemandem damit geholfen, wenn ich zu spät UND frustriert ankomme. Besser wäre es, ich komme trotzdem gut gelaunt und entschuldige mich fröhlich, falls ich tatsächlich einen Termin hätte. Mein Gegenüber wird sich über ein bisschen Fröhlichkeit freuen, selbst wenn ich ein paar Minuten zu spät komme.
Immer wieder wird man dazu verleitet, in alte Muster zurück zu fallen. Mentalfutter hilft, neue Denkweisen nachhaltig zu verankern.
Beim nächsten Weg in die Arbeit/Uni/Schule wird man dann mit großer Wahrscheinlichkeit wieder mit anderen Problemen konfrontiert, erinnert sich aber vielleicht an den Mentalfutter-Eintrag, den man zu dem Thema gemacht hat. Man gewährt seinem Gegenüber vielleicht freiwillig Vorrang und weiß, dass man sich dadurch, dass man nicht mehr flucht, auch ein bisschen Zeit sparen kann.
Bei jeder Verhaltensweise die man nachhaltig ändern möchte, wird es allerdings dauern, bis sich die neuen Gedankengänge durchgesetzt haben. Unter anderem kommen immer wieder Einflüsse von außen, die einen völlig aus der Bahn werfen. Im Straßenverkehr sind es primär andere fluchende Verkehrsteilnehmer, die ja aus denselben Gründen wie man selbst gestresst sind, die einen dann plötzlich beschimpfen. Und da man sich nicht gerne beschimpfen lässt, flucht man natürlich zurück und regt sich wieder auf. Und verfällt dann wieder leicht ins alte Muster. Hier geht die mentalfutter-Arbeit weiter.
Reflektieren beim Mentalfutter-Eintrag
Meistens abends reflektiere ich, wie es mir tagsüber gelungen ist, meine neue Ziel-Verhaltensweise umzusetzen. Wenn ich dann wieder geflucht habe, heißt es, auch hier wieder der Sache auf den Grund zu gehen. Im Falle des anderen fluchenden Autofahrers wäre es dann also in etwa so:
Also wieder:
Woran liegt es WIRKLICH, dass ich mich wieder aufgeregt habe und was kann ICH tun, damit es beim nächsten Mal nicht mehr passiert?
Offensichtlich habe ich meine neue Verhaltensweise noch nicht gut genug verfestigt. Ich habe mich aus der Ruhe bringen lassen, obwohl ich weiß, dass auch andere Verkehrsteilnehmer nicht unfehlbar sind. Wenn mich das nächste Mal ein Verkehrsteilnehmer beschimpft, bleibe ich cool mit dem Wissen, dass das nichts gegen mich persönlich sein kann. Der oder die andere kennt mich ja nicht einmal!
Je öfter man daran denkt, was man ändern will, desto eher klappt es auch!
Nun tja, und je größer so ein Veränderungsprozess ist, desto ausgiebiger befasse ich mich damit, wie ich etwas ändern kann. Die Fragen können dann anders aussehen. Je nach Thema kann es sein, dass ich mehrmals täglich in mich gehe und reflektiere und versuche, es so oft wie möglich niederzuschreiben. Mentalfutter ist also vor allem eine Hilfe dabei, das eigene Mindset zu ändern und neue Verhaltensmuster zu etablieren. Deshalb spreche ich immer von Futter für die mentale Gesundheit. Im Endeffekt ist es gesund für dich, wenn du ruhig und gelassen durch die Welt schwebst und nicht mehr ständig fluchst.
Das polarisierende Thema Verkehr und der fehlende Respekt
Übrigens. Ich selbst habe ja erwähnt, dass ich immer mit unterschiedlichen Verkehrsmitteln unterwegs bin. Ich war früher hauptsächlich mit den Öffis unterwegs. Irgendwann kam das Auto dazu und ich bin ein halbes Jahr lang jeden Tag eine Stunde in die Arbeit und zurück gependelt. Im neuen Job bin ich immer öfter mit dem Rad in die Firma gefahren und manchmal sogar zu Fuß gegangen. Bei all den unterschiedlichen Perspektiven die ich so sammeln konnte habe ich gemerkt, dass jede Seite meistens ein bisschen Recht hat. Woran es aber meistens hakt, ist der fehlende Respekt den anderen Verkehrsteilnehmern gegenüber. Der Autofahrer, der keinen Abstand hält, weil er der Meinung ist, der Radfahrer hätte nichts auf der Straße verloren. Ein Radfahrer, der sich an verdammt engen Stellen bei den Autos vorbei schummelt und die Verkehrsregeln ignoriert. Ein Fußgänger der noch schnell bei rot über die Ampel läuft oder ein Busfahrer, der denkt er hätte alle Rechte, weil er ja einen Bus fährt. Im Grunde wollen die meisten ihren eigenen Willen durchsetzen – leider aber auf Gefahr der anderen. Die meisten sind sich nicht bewusst, dass es im Grunde nur um ein paar Minuten geht und man sich keinesfalls stressen lassen muss. Wenn aber immer mehr Leute Gelassenheit und vor allem Respekt mitbringen, dann könnte sich dieses Problem nachhaltig in Luft auflösen. Schade nur, dass dafür eben alle mitziehen müssen. Trotzdem gebe ich die Hoffnung nicht auf.
Es fährt und geht sich einfach besser, wenn man gelassen bleibt! Mentalfutter zahlt sich also aus 😉
PS: Für diejenigen unter euch, die noch einen Schritt weiter gehen wollen, macht es auch Sinn sich anzusehen, warum man überhaupt ständig so gestresst ist im Straßenverkehr. Dem zugrunde liegt nämlich meistens die Angst, dass das Auto/Fahrrad kaputt geht oder die Angst davor, dass man sich selbst oder andere verletzen könnte. Die meisten Schimpf- und Fluchattacken haben ihren Ursprung in einer dieser Ängste. Oder dein Gegenüber hatte einfach einen miesen Tag und muss irgendwo den Frust ablassen. Es ist ein bisschen einfacher gelassen zu bleiben, wenn man weiß, dass im Grunde jeder die gleichen Ängste und Sorgen mit sich herum schleppt. Um genau das zu vermeiden, wovor die meisten eben Angst haben, macht es umso mehr Sinn, in Zukunft ein wenig gelassener zu bleiben!
Last, but not least: Es ist egal, wie du dein mentalfutter nennst.
Mir ist bewusst, dass nicht jede/r ein Tagebuch hat und auch nicht jede/r Lust hat, unter dem Namen „Mentalfutter“ an sich selbst zu arbeiten. Mentalfutter steht aber auch vielmehr dafür, dass man es überhaupt tut. Alleine schon, dass du hier auf meinem Blog bist zeigt, dass du Interesse am Thema Mindset hast und offen bist für Veränderungen. Sobald du an dir und diesen Dingen arbeitest, fällt das unter den Begriff. 🙂