Mentalfutter

Zeit, um aufzuarbeiten

Wenn auch die letzten Bäume ihre Blätter verlieren und man das Haus verlässt wenn es dunkel wird und auch wieder heim kommt, ohne echtes Tageslicht gesehen zu haben, dann ist klar: der Winter ist nicht mehr weit. Die Stimmung ist nicht mehr ganz so gut, wie sie es noch vor ein paar Tagen war. „Damals“, als man die Tasse Kaffee in der Sonne auf der Terrasse des Lieblingslokals trinken konnte. Und die „besinnliche“ Zeit rückt immer näher und näher. Die Zeit in der einem viele Dinge bewusst werden, die man eigentlich nicht so richtig war haben möchte.

Nicht allen von uns geht es in dieser Jahreszeit gut. Ich selbst hatte jahrelang im Herbst mit depressiven Verstimmungen im Herbst und im Winter zu kämpfen. Und ich merke nach wie vor: wenn ich tagelang keine Sonne sehe, muss ich schon sehr gut auf mich selbst aufpassen, um nicht in der Negativ-Spirale zu landen. Auch wenn die Jahreszeit vielleicht etwas anderes vermuten lässt, bin ich der Meinung, dass genau jetzt die richtige Zeit ist, um sich einmal genauer anzusehen, was da gerade bei einem selbst los ist. Warum sich diese Zeit gut eignet, um diese Themen anzugehen, habe ich dir im heutigen Beitrag zusammen gefasst.

Verlagerung des lebens von draußen nach drinnen.

Zu dieser Jahreszeit verlagert sich vieles nach drinnen. Das betrifft nicht nur Events und die Treffen mit Freunden, die im Sommer draußen stattgefunden haben. Auch die Anzahl der „Treffen“ wird weniger. Familie, Bekannte, Arbeitskollegen: Steht die Weihnachtszeit nur mehr kurz bevor, ist jeder etwas mehr mit sich selbst beschäftigt. Das kann man als gutes Zeichen für die mentale Gesundheit sehen, denn so kann man sich nicht so sehr von dem ablenken, was eigentlich bei einem selbst los ist.

Man wird harmoniebedürftig.

Dunkelheit und glitzernde Lichter machen Lust auf Harmonie. Wenn es im eigenen Leben gerade nicht so harmonisch läuft, wird man in dieser Jahreszeit umso mehr darauf kommen, was einem gerade nicht so gefällt. Das hat aber auch etwas Gutes: Alles, was man vielleicht bisher im Sonnenschein erfolgreich verdrängt hat, kann nun ganz in Ruhe aufgearbeitet werden!

Es gibt viel Zeit, um aufzuräumen.

Da man am Wochenende eben nicht mehr ins Freibad geht oder mal spontan ein Wochenende in den Urlaub fährt, bleibt auch viel Zeit, aufzuräumen. Das betrifft das eigene zu Hause, den Arbeitsplatz, aber eben auch die persönlichen Probleme, die man endlich in Angriff nehmen kann. Wenn man weihnachtlich dekoriert muss man sowieso wieder zu den alten Kisten. Ein Herbstputz tut der Wohnung gut und macht Laune darauf, auch im Leben auszumisten und aufzuräumen.

Besser jetzt, als an Weihnachten vor einem Scherbenhaufen zu stehen.

Ich habe ein Zeit lang in meinem Leben versucht zu verdrängen, wenn es mir nicht gut geht. Auch aus Angst davor, wie dann wohl die gesamte Weihnachtszeit werden wird. Das hat immer ganz gut funktioniert, aber die Feiertage waren dann die reinste Katastrophe. Bis ich tatsächlich begonnen habe, mir meine Themen schon in den Wochen davor bewusst zu machen: dann wusste ich zu den Feiertagen schon woran ich bei mir bin.

Sich Zeit nehmen.

Die Weihnachtszeit kann sehr stressig werden, vor allem wenn man eher nicht so der Weihnachtswichtel sondern eher Team Grinch ist. Ich mochte die Zeit auch nie so richtig gerne. In einer Zeit in der ich mich sehr einsam fühlte, versuchte ich die Weihnachtszeit zu verdrängen und kümmerte mich zum Beispiel immer erst auf den letzten Drücker um die Geschenke. Ich versuchte die Tage irgendwie voll zu bekommen und habe mir keine Zeit für mich, meine Bedürfnisse und alles organisatorische rund um Weihnachten genommen. Seit ich bereits ab dem Zeitpunkt, an dem die Stimmung im Herbst kippt, mir genug Zeit einplane, kann ich auch besser mit dem Chaos rund um Weihnachten umgehen.

Den Druck rausnehmen.

Zu Weihnachten MUSS alles harmonisch und schön sein. Oh nein verdammt, muss es nicht. Es ist nur eine Zeit im Jahr zu der sich viele genau das wünschen, um umso mehr von den eigenen Problemen ablenken zu können. Für viele muss Weihnachten auf Druck ein schönes Fest werden. Der „heilige“ Abend muss gut gelingen. Für mich nicht ganz logisch: viele von uns sind nicht mal mehr in der Kirche und wollen trotzdem, dass dann alles perfekt ist. Es ist ein Fest, das vermutlich gerade für die Kinder einen schönen Zauber hat. Es ist eine Chance, sich zu „besinnen“ und nach Hause zu kommen, man kann es aber genauso relativ spurlos an einem selbst vorbeiziehen lassen. Es sollte jeder und jede selbst entscheiden können, wie viel Weihnachten und Feiertagszauber man in das eigene leben lässt. Druck also raus, Weihnachten muss nicht perfekt sein. Und wenn du doch wieder in diesen Gedanken verfällst, dann erinnere dich daran, dass in deiner Welt sowieso nur du entscheidest, was perfekt ist und was nicht. 

Sich einmal antizyklisch verhalten oder sich sozial engagieren!

Ein großes Problem in dieser Zeit ist, dass uns eben bewusst wird, was alles gerade nicht so nach dem eigenen Plan läuft. Man hätte vielleicht gerne ein besinnliches Weihnachten mit einem Partner, aber der Partner fehlt. Vielleicht war es ein anstrengendes Jahr, was auch zu Weihnachten noch einmal hochkommt. Wenn man sich damit im Herbst beschäftigt, so wie ich es oben beschrieben habe, kann das auch ganz schön schmerzhaft aufzeigen, was alles fehlt. Um dann gut über die Weihnachtsfeiertage zu kommen, empfehle ich, sich antizyklisch zu verhalten. Nehmt freiwillig die Arbeitszeiten rund um die Feiertage an oder engagiert euch wo, wo man zu Weihnachten jede helfende Hand gebrauchen kann.

Ich persönlich mochte Silvester nie, hatte aber immer die Vorstellung, dass es etwas besonderes sein muss. Die für mich besten Jahreswechsel hatte ich dann, wenn ich am 1. Jänner arbeiten ging und somit für mich die zwanghafte Party am Vorabend nicht besuchen musste. Hätte ich sowieso nicht gemusst, ich weiß, aber für mich selbst war es einfach „runder“ mir eine Beschäftigung zu geben, die eben nicht auf meine eigenen Probleme hinweist. Ich mochte es nämlich in Wahrheit einfach nicht, rund um den böllernden Abend alleine zu sein und die Suche nach einer Beschäftigung zeigte mir immer wieder auf, dass ich eben gerade das momentan bin: alleine.

Achtung: Rund um den Höhepunkt würde ich nicht damit anfangen, Probleme aufzuarbeiten.

Achtung: Rund um den Höhepunkt würde ich nicht damit anfangen, Probleme aufzuarbeiten.
Wie schon beschrieben, versuchen viele von uns in dieser Jahreszeit von eigenen Problemen abzulenken, nur um sich nicht damit beschäftigen zu müssen. Wer alles bis zu den Feiertagen hin ignoriert und aufschiebt, wird genau dann schmerzhaft darauf hingewiesen werden, was eigentlich alles gerade nicht nach Plan läuft. Wir könnten uns einen Baum vorstellen, der zwanghaft versucht seine Blätter über den Winter zu behalten. Das würde den Baum so viel Energie kosten, und ein paar Wochen geht das vielleicht noch gut. In Summe würde es den Baum aber vermutlich ruinieren. Er würde die Blätter vermutlich trotzdem verlieren, hätte dafür aber im Frühjahr starke Probleme, aufzublühen.

Was ich also definitiv nicht empfehle ist am heiligen Abend damit zu beginnen, die eigenen Themen anzugehen. Dafür ist die Zeit einfach zu emotional. Nutze die gesamten Wochen davor, um vorzubereiten. Auch der Jahreswechsel und die Zeit vor dem Frühling eignen sich noch sehr gut, um ein paar Änderungen im eigenen Leben anzugehen.

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